Samstag, 22. November 2008

endgueltige ergebnisse der wahlen

am donnerstag wurden die endgueltigen ergebnisse vom cse bekannt gegeben, gemaess dem gesetz, dass nach spaetestens 12 tagen nach den wahlen klarheit fordert.
rivas verkuendete wie schon zuvor die ergebnisse jeder einzelnen stadt und jedes einzelnen municipios im fernsehen.
insgesamt wurde in 146 staedten gewaehlt.
die fsln konnte in 105 staedten gewinnen. 4 jahre zuvor hatte die frente "nur" in 83 gewonnen.
die plc konnte in 37 staedten gewinnen, die verbuendete aln in 5.
in condega konnte man die ganze nacht ueber feuerwerkskoerper knallen hoeren.
nach diesem ueberragenden erfolg gab es in managua eine grosse feier zu der alle 105 neuen buergermeister eingeladen wurden, ortega eine rede hielt und der platz der rede bis zum horizont mit menschen gefuellt war. aus condega fuhren am morgen extra busse los, die die menschen nach managua verschifften sollten. dieser service war fuer alle umsonst.
natuerlich erklaeren die liberalen fuehrer die wahlen nach wie vor fuer ungueltig, da nicht rechtens durchgefuehrt. tumulte gibt es in managua oder leon aber kaum noch, die lage hat sich beruhigt.
nachdem die wahlen vorbei sind, wird im fernsehen vermehrt ueber die wahlen in venezuela berichtet. die fsln ist ein grosser verbuendeter vom jetzigen praesidenten hugo chavez. zudem gibt es im januar wahlen in el salvador, die hoffentlich von der fmln gewonnen werden.
spaetestens dann werden wir sehen, ob der links- trend in lateinamerika weitergeht.

Mittwoch, 19. November 2008

die zeit nach den wahlen

Die Zeit nach den Wahlen war aeusserst turbulent. Waehrend am Sonntagabend ueberall im Land die Sandinisten ihren ueberragenden Sieg in Condega, in der Hauptstadt Managua, fast allen Departamentos und in ueber 94 Staedten feierten, waren die Liberalen recht ruhig und zogen sich in ihre Haeuser zurueck – in dieser Nacht gab es keine grossen Ausschreittungen.
Am Montag aber gab es die ersten Tumulte in Managua. Im Fernsehen wurde am Vormittag ein Fernsehinterview des Kandidaten Montealegre fuer die Liberalen in Managua gezeigt, der sich selbst zum Sieger erklaerte, die Wahlen in der Hauptstadt als nicht sauber beschrieb, somit das Erbebnis der unabhaengigen Wahlkomission CSE als ungueltig erklaerte. Er forderte seine Anhaenger dazu auf, auf die Strasse zu gehen und dagegen zu protestieren. Man koennte sagen, er untergrub die Demokratie.
Schon bald standen sich die ersten Liberalen und Sandinisten auf der Strasse gegenueber, was zu beginn relativ gewaltlos ablief. Am Dienstag wurden die ersten Gewaltbilder gesendet. Man sah Menschen mit roten Fahnen und PLC T-Shirts, die Steine wurfen, Baseballschlaeger trugen, Privat- und Staatseigentum zerstoerten. Die Familie eines ranghohen FSLN Politikers wurde in ihrem eigenen Haus ueberfallen und angegriffen. Strassenblockaden wurden mit brennenden Reifen errichtet – anhaltende Autos mit FSLN Fahnen oder Aufklebern und deren Insassen mit Baseballschlaegern angegriffen. Die Meldung von zwei Toten in Managua machte sich breit.
Am Mittwoch die selben Bilder; ein Reporter des regierungsnahen Radios “Radio Ya!” wurde aus seinem Auto gezerrt, auf offener Strasse von mehreren Personen krankenhausreif geschlagen und das Auto letztendlich in Brand gesteckt.
Um den Tumulten auf der Strasse einhalt zu gebieten und die Liberalen zu besaenftigen, ordnete der President der Wahlkomission CSE, Rivas, am Mittwoch eine Neuauszaehlung aller Wahlzettel in Managua an. Damit konnte er die Stimmung nicht beruhigen – ganz im Gegenteil. Nun fuehlten sich die Sandinisten hintergangen und sich ihres Sieges betrogen. Mit Steinen, Holzknueppel und selbstgebastelten Minibazookas richteten sie ihre Agressionen gegen die Liberalen. Im Fernsehen liefen rund um die Uhr buergerkriegsaehnliche Bilder.
Am Folgetag verkuendete Rivas dann das endgueltige Ergebnis. Die FSLN gewann demnach in Managua mit ueber 51%, die Liberalen erreichten etwa 45%, die genauen Zahlen sind mir nicht praesent. Das konnte die Gemueter ein wenig beruhigen, vor allem da sich zahlreiche Politiker der PLC/ALN – bis auf Montealegre – an das Volk wandten und den FSLN-Kandidaten Alexis Arguello als ihren neuen Buergermeister anerkannten.

Das Problem ist, dass man den Medien hier nicht vertrauen kann – alle sind durch irgendeine Partei gefaerbt, es gibt keine unabhaengige und neutrale Berichterstattung.
So erschien in der Zeitung am Mittwoch nach den Wahlen das Bild von zahlreichen Saecken auf einer Muellhalde in der Stadt Leon, gefuellt mit Wahlzetteln, die alle mit einem Kreuzchen fuer die PLC versehen waren. In Leon hatte die FSLN gewonnen. Steckte dahinter nun Wahlbetrug durch die FSLN oder eine Propagandaaktion der PLC um die Massen zu mobilisieren und das Ergebnis in Leon fuer ungueltig zu erklaeren und Neuwahlen durchzusetzen?
Fuer mich haben die Wahlen mehr Fragen aufgeworfen als Ergebnisse gelieftert. Nicaragua ist ein Entwicklungsland – auch was die Demokratie betrifft.

Sonntag, 9. November 2008

wahlen in nicaragua

heute moechte ich euch von den wahlen hier berichten.
am heutigen sonntag finden im ganzen land die kommunal- und landtagswahlen statt (wenn man das so uebersetzen will!)
das thema bestimmt schon seit wochen die nationale presse. ich kann nicht sagen, wie das so auf dem fernsehsender der liberalen ablaeuft, da bei uns immer nur der sandinistensender laeuft, aber dort wurden schon bei meiner ankunft im august die ersten wahlwerbespots gezeigt. die wahlhysterie wurde eigentlich nur an einem tag unterbrochen: an dem tag der us-wahlen, die wenigstens fuer 24 h das nationale fernsehprogramm bestimmten.
der wahlkampf hier ist viel bissiger und haerter als in deutschland. so wird auch nicht vor persoenlichen beleidigungen halt gemacht. zu schmunzeln gibt es allerdings auch immer was; so zeigte der sandinisten-sender ausschnitte von seinem konkurrenten von vor 3 jahren ungefaehr, indem er seinen frueheren feind aber heutigen verbuendeten der korruption bezichtigte, da er selbst zeuge war! und heute machen die beiden gemeinsame sache, geben sich als beste freunde aus und kaempfen gegen die fsln. die glaubwuerdigkeit der politiker ist hier nicht so gross.
seit gut 2 wochen gab es an fast jedem tag eine karawane auf der strasse, die vor allem bei den kindern und jugendlichen grosse begeisterung fanden. da ich mir nur die karawanen der fsln genauer unter die lupe genommen habe, kann ich nur von ebendiesen berichten. im vorfeld wurden tausende von t-shirts verteilt (wovon ich auch eins ergattern konnte), rot-schwarze flaggen, aufkleber, flyer und was weiss ich nicht alles! die strassen sind hier alle entweder mit rot-schwarzen fahnen oder mit roten (die liberalen) geschmueckt, die lichtmasten sind in ebensolchen farben eingepinselt. der wahlkampf ist ueberall und zu jeder zeit gegenwaertig!
bei den karawanen machten alle mit: fahrradfahrer, motorradfahrer, autofahrer. und die leute die kein fortbewegungsmittel hatten, jubelten vom buergersteig aus. an den kleineren maerschen nahmen ungefaehr 200 leute teil. die karawanen spiegeln die politischen machtverhaeltnisse in condega sehr gut wieder: stets waren die maersche der fsln um einiges groesser als die der liberalen, die teilweise nur aus 3 wagen bestanden.
am 05.11.08. fand ein riesiger marsch der flsn statt, der zugleich die wahlkampfphase abschloss. der zug war ca. 1.5 km lang, bestand aus ueber 140 autos, pick ups, kleinlastwagen, lastwagen und vollbesetzten bussen! (fahrradfahrer und motorradfahrer nicht mitgerechnet!) da war wirklich die hoelle los. anschliessend gab es noch eine wahlkampfrede von den oertlichen kandidaten und danach eine grosse strassenparty, auf der sich auch der ein oder andere liberale blicken liess.
eigentlich hat hier jeder eine partei. ich habe noch kaum einen getroffen, dem die politik schnurz piepe ist. das fasziniert mich an diesem land, und von dieser politikbegeisterung koennten sich die deutschen ruhig mal eine schnitte abschneiden. autokarawanen findet man in deutschland sonst ja nur zu sportlichen ereignissen vor. allerdings, und das ist der grosse kontrapunkt, folgen zu viele leute hier der parteilinie blind. was die partei sagt, ist gesetz. es wird zu wenig kritisiert und diskutiert innerhalb der partei (das ist zumindest mein eindruck). die diskussion ist das wichtigste werkzeug der demokratie.
ich schweif schon wieder vom thema ab:
die wahlen bestimmen den alltag. das hat man auch in den letzten drei tagen gemerkt, indem das ruhegesetz zur geltung kam. das besagt naemlich, dass 3 tage vor der wahl weder alkohol verkauft werden darf, noch politische propaganda betrieben werden darf. zudem durfte man sich ueber einen arbeitsfreien freitag, samstag, sonntag und montag freuen. wahlen koennte es ruhig oefters geben.
das solls erst einmal von diesem thema gewesen sein. in den naechsten tagen werde ich natuerlich darueber berichten, wer die wahlen in condega, im municipio esteli und insgesamt so in nicaragua gewonnen hat.
da in INPRHU eine wahlstaette eingerichtet wurde, werde ich mir das heute mal genauer angucken.
bis die tage.
der jannik.