Mittwoch, 19. November 2008

die zeit nach den wahlen

Die Zeit nach den Wahlen war aeusserst turbulent. Waehrend am Sonntagabend ueberall im Land die Sandinisten ihren ueberragenden Sieg in Condega, in der Hauptstadt Managua, fast allen Departamentos und in ueber 94 Staedten feierten, waren die Liberalen recht ruhig und zogen sich in ihre Haeuser zurueck – in dieser Nacht gab es keine grossen Ausschreittungen.
Am Montag aber gab es die ersten Tumulte in Managua. Im Fernsehen wurde am Vormittag ein Fernsehinterview des Kandidaten Montealegre fuer die Liberalen in Managua gezeigt, der sich selbst zum Sieger erklaerte, die Wahlen in der Hauptstadt als nicht sauber beschrieb, somit das Erbebnis der unabhaengigen Wahlkomission CSE als ungueltig erklaerte. Er forderte seine Anhaenger dazu auf, auf die Strasse zu gehen und dagegen zu protestieren. Man koennte sagen, er untergrub die Demokratie.
Schon bald standen sich die ersten Liberalen und Sandinisten auf der Strasse gegenueber, was zu beginn relativ gewaltlos ablief. Am Dienstag wurden die ersten Gewaltbilder gesendet. Man sah Menschen mit roten Fahnen und PLC T-Shirts, die Steine wurfen, Baseballschlaeger trugen, Privat- und Staatseigentum zerstoerten. Die Familie eines ranghohen FSLN Politikers wurde in ihrem eigenen Haus ueberfallen und angegriffen. Strassenblockaden wurden mit brennenden Reifen errichtet – anhaltende Autos mit FSLN Fahnen oder Aufklebern und deren Insassen mit Baseballschlaegern angegriffen. Die Meldung von zwei Toten in Managua machte sich breit.
Am Mittwoch die selben Bilder; ein Reporter des regierungsnahen Radios “Radio Ya!” wurde aus seinem Auto gezerrt, auf offener Strasse von mehreren Personen krankenhausreif geschlagen und das Auto letztendlich in Brand gesteckt.
Um den Tumulten auf der Strasse einhalt zu gebieten und die Liberalen zu besaenftigen, ordnete der President der Wahlkomission CSE, Rivas, am Mittwoch eine Neuauszaehlung aller Wahlzettel in Managua an. Damit konnte er die Stimmung nicht beruhigen – ganz im Gegenteil. Nun fuehlten sich die Sandinisten hintergangen und sich ihres Sieges betrogen. Mit Steinen, Holzknueppel und selbstgebastelten Minibazookas richteten sie ihre Agressionen gegen die Liberalen. Im Fernsehen liefen rund um die Uhr buergerkriegsaehnliche Bilder.
Am Folgetag verkuendete Rivas dann das endgueltige Ergebnis. Die FSLN gewann demnach in Managua mit ueber 51%, die Liberalen erreichten etwa 45%, die genauen Zahlen sind mir nicht praesent. Das konnte die Gemueter ein wenig beruhigen, vor allem da sich zahlreiche Politiker der PLC/ALN – bis auf Montealegre – an das Volk wandten und den FSLN-Kandidaten Alexis Arguello als ihren neuen Buergermeister anerkannten.

Das Problem ist, dass man den Medien hier nicht vertrauen kann – alle sind durch irgendeine Partei gefaerbt, es gibt keine unabhaengige und neutrale Berichterstattung.
So erschien in der Zeitung am Mittwoch nach den Wahlen das Bild von zahlreichen Saecken auf einer Muellhalde in der Stadt Leon, gefuellt mit Wahlzetteln, die alle mit einem Kreuzchen fuer die PLC versehen waren. In Leon hatte die FSLN gewonnen. Steckte dahinter nun Wahlbetrug durch die FSLN oder eine Propagandaaktion der PLC um die Massen zu mobilisieren und das Ergebnis in Leon fuer ungueltig zu erklaeren und Neuwahlen durchzusetzen?
Fuer mich haben die Wahlen mehr Fragen aufgeworfen als Ergebnisse gelieftert. Nicaragua ist ein Entwicklungsland – auch was die Demokratie betrifft.

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